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Aktuelle Nachrichten | Kast, Ingrid | 21.03.2023 – 30.04.2023

„Was aber bleibet stiften die Künstler “

Ausstellung noch bis 31. Mai im Hölderlinhaus zu sehen

Hölderlin-Zeichnungen von Ursula Stock entstanden im Pandemie-Jahr 2020 sind jetzt im Hölderlin Haus zu sehen. Die Vernissage umrahmten bravourös Valérie Baral (Allegro aus Beethovens F-Dur-Klaviersonate op. 10) und Pauline Langer (Enescu gewidmete Violinsonate Nr. 3 von Eugène Ysaye) von der Musikschule Lauffen und Umgebung.

Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger mit Pauline Langer und Valérie Baral
Foto: Leonore Welzin: Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger mit Pauline Langer und Valérie Baral

Da sage nochmal einer was gegen die Schule, denn für die Künstlerin Ursula Stock war sie vor vielen Jahren die Initiativ-Zündung für eines ihrer interessanten, gelungenen, aktuellen Projekte: die Zeichnungen zu Hölderlin, die sie jetzt auf Einladung des Hölderlin Freundeskreis in Kooperation mit dem Hölderlinhaus dort bis zum 31. Mai zeigt. Ursula Stock, geboren 1937 in Stuttgart, ging nämlich ins Hölderlin Gymnasium und im Flur hing ein Porträt des Namensgebers, das von Franz Carl Hiemer. Und es hat ihr wohl gefallen, hat sie zum Dichter geführt, denn im von Corona geprägten Jahr 2020, hat sie zum 250. Geburtstag des Dichters zum Zeichenstift gegriffen. Hat das, was sie durch viel Lektüre vom Leben und Werk des Poeten wusste in Zeichnungen mit feiner Stiftführung zu Papier gebracht, facettenreich, verblüffend, liebevoll im Detail, meist zart in der Ausführung und kräftig in der Aussage.

Prof. Friedrich A. Bahmer aus Münster, Mitglied des Lauffener Hölderlin Freundeskreises und Dermatologe mit der großen Leidenschaft für Literatur, besonders für Lyrik, würdigte in seiner Laudatio die arbeiten der Künstlerin, die seit vielen Jahren in Güglingen lebt.

Foto: Ulrike Kieser-Hess: Professor Dr. Bahmer mit der Künstlerin Ursula Stock
Foto: Ulrike Kieser-Hess: Professor Dr. Bahmer mit der Künstlerin Ursula Stock

Auss

„Dieser Bilderzyklus ist etwas Besonderes, da er in einer Zeit entstanden ist, die wir alle nicht vergessen werden“. Und der Laudator ist mit Picasso ganz einig: „dass Kunst den Staub des Alltags von der Seele wäscht“. Nicht nur seiner Meinung nach ist die Staubschicht, verursacht durch das Virus, dick. Die Zeichnungen von Ursula Stock haben da eine Menge seelische Aufbauarbeit zu leisten und sie können es.

In ihrer Unaufgeregtheit und klaren Sprache sparen sie allerdings keine dunklen Zeiten in Hölderlins Leben aus. Ob ein Pestarzt hinter ihm lauert, Schiller den Stab über ihm bricht, die Liebe zu Susette scheitert oder Hölderlin psychisch belastet sein Klavier zertrümmert. Manchmal blitzt ein bisschen Kritik oder Ironie auf in ihren Zeichnungen auf, vor allem auch in der Titelgebung. So vermutet Laudator Bahmer im „Hyperion- Griechischer Kopfsalat“ auch einen Seitenhieb auf das Hölderlinbild einiger Germanisten. Oder man meint sie schmunzeln zu sehen, wenn sie schon bestehende Porträts des Dichters neu zusammensetzt, das Oberste nach unten kehrt. Alle Zeichnungen lassen Platz für eigene Interpretationen, eigene Gedanken, eigene Gefühle. Aber auch wenn Ursula Stock Hölderlin dem Betrachter stets ernst, in sich gekehrt zeigt, so ist im Hölderlinhaus eine nur ein bisschen melancholische Ausstellung mit 25 Arbeiten zu sehen, die aber in ihrer künstlerischen Leichtigkeit anspricht, belebt und erfreut. Erfreulich, wie nahtlos sich die Zeichnungen in die Architektur und Innengestaltung des Hauses einfügen, beim Gang durch die Stockwerke begegnet man immer wieder einer überraschenden Stock. Auf der Karte und dem Button zum Hölderlin-Zyklus scheint der Dichter ein bisschen zu lächeln und der Laudator Friedrich Bahmer weiß, welches Hölderlin-Zitat zu diesem Gesichtsausdruck passt: „Schön ist`s, die Seele zu entfalten, und das kurze Leben“.

Text: Ulrike Kieser-Hess